Schon lange bevor Mafia III angekündigt wurde, war ich heiß auf den Titel. Mafia II gehört mit zu den besten Third-Person-Spielen, die ich kenne. Zumindest von der Story und der Atmosphäre ausgehend. Denn die Open World war eigentlich nur dafür zuständig, die Spielzeit durch viel zu lange Fahrtwege zu strecken. Leider. Dabei wäre so viel Potential gewesen. Daher legte ich, sicher nicht als einziger, große Hoffnungen in den Nachfolger, dass er diesen Part besser macht.
Und dann kam endlich der lang ersehnte 7. Oktober 2016. Mittags gegen halb zwölf klingelte die DHL-Frau mit dem Amazon-Päckchen. Ausgepackt (also das Päckchen…), in den Social–Media-Kanälen geteilt (was muss, das muss…) und schließlich in die PS4 eingelegt. Okay, erstmal einige Gigabyte Patch ziehen. So weit, so üblich. Und so weit mir von Twitter an diesem Tag auch schon bekannt gewesen. Nachdem der Download dann heruntergeladen und das Spiel gestartet war: installieren. Vorneweg gut eine dreiviertel Stunde. Einlegen und loszocken? Tja, früher war manches also doch tatsächlich besser. Naja, die Zeit verging dann auch irgendwann. Und ich war gespannt, hatte ich doch in der Zwischenzeit bereits ein wenig was über Bugs gelesen. Und PC-Master-Race-Grafik-Typen, die sich darüber mokieren, dass das Spiel (noch) keine 60 FPS auf den Rechnern schafft. Leute, bekommt mal ein Leben…
Was für’s Auge, was für’s Ohr
Es ging also irgendwann dann los. Und der Prolog war, nun, etwas ungewohnt. Denn die Cutscenes, mit denen das Spiel seine wirklich gute Story erzählt, sind nicht gerade kurz. Da muss man sich tatsächlich erstmal daran gewöhnen. In den Spielszenen macht sich aber direkt die gute umgesetzte Steuerung bemerkbar. Die Controller-Belegung eingängig, das Deckungs-System soweit bekannt und alles weich und genau genug steuerbar. Die Grafik für meine Ü30-Augen mehr als ausreichend, mindestens aber keiner ernsthaften Beschwerde würdig. Auch wenn beispielsweise Manuel Fritsch die Grafik im Insert Moin Podcast mit GTA IV vergleicht, was ich dann doch als ziemlich hinkenden Vergleich empfinde. Hier und da wurde es zwar vielleicht etwas mit der Blendwirkung von Sonne und künstlichem Licht übertrieben, sieht aber trotzdem ordentlich aus. Der Sound der Waffen und Autos ist kernig und wuchtig, wie man es von den US-Hubraum-Monstern der 60s und den damaligen Waffen erwartet. Und der Soundtrack ist mit großartig noch weit untertrieben. Er kann natürlich bei weitem nicht mit der musikalischen Bandbreite eines GTA V mithalten, aber die lizenzierten Songs von Steppenwolf und Johnny Cash über die Stones und CCR bis zu Aretha Franklin und Jefferson Airplane unterstützen das 60er-Jahre-Feeling so grandios, dass man an der Stelle wirklich nichts vermisst. Und wenn man kurz nach
Sonnenuntergang, in strömendem Regen, das Attentats-Ziel per Scharfschützengewehr ausschaltet, zum Auto hastet und dann bei den Klängen von Sam Cooks “(What A) Wonderful World” über die regennassen Straßen vom Tatort hinfort rast, dann fühlt man sich schon wie in einem astreinen Mafia-Thriller.
Auch die restliche Atmosphäre des Spiels, einschließlich dem Design der Spielwelt von New Bordeaux und Umland sowie deren Leben in Form von Passanten und Autos lassen das Gefühl aufkommen, sich tatsächlich in den Südstaaten-USA der damaligen Zeit zu befinden. Auch mit den negativen Aspekten des, leider auch rund 50 Jahre später noch immer nicht ganz überwundenen, Rassismus gegen Schwarze. An Geschäften und Bars prangen Schilder mit “No coloured people”, die Dialoge in den Cutscenes sprechen ebenfalls eine deutliche Sprache und von den weißen Passanten erntet man ebenfalls eher abfällige Bemerkungen. All das ist gut in das Spiel eingebunden und veranlasste die Entwickler dazu, zu Spielbeginn ein Statement einzubauen, dass sie ein fiktionales Bild der damaligen Südstaaten zeichnen wollten und das rassistische Gedankengut und Verhalten einiger Charaktere abscheulich finden.
Murmeltiertag – The Game…
Okay, genug gelobt. Die Überschrift impliziert ja bereits, dass ich hier nicht nur positive Worte finden werde. Neben der Atmosphäre und der Story gibt es nämlich auch noch das reine Missionsdesign. Und das ist so fürchterlich repetitiv, dass ich Mafia 3 spätestens nach 10 Stunden spielerisch als verdammt langweilig empfunden habe und mich zeitweise eher quälen musste, es der Story wegen weiter zu spielen. Erst jetzt, gegen Ende des Spiels kommt wieder etwas mehr Variation in die Gestaltung der Missionen – leider zu spät, um den bleibenden Eindruck der Langeweile aus dem Kopf zu verbannen. Nachdem der Prolog mit einer ziemlich heftigen Wendung zu Ende geht, sinnen wir als Lincoln Clay auf Rache. Und schließen uns dafür mit drei anderen Unterweltlern zusammen: der haitianischen Gang-Anführerin Cassandra, dem (stereotypisch vom Alkohol gezeichneten) Iren Burke und unserem gealterten Protagonisten aus Mafia II, Vito Scaletta. Unterstützung gibt’s in Unterweltkreisen natürlich nicht umsonst – wir müssen unseren Partnern Einkommen verschaffen und dafür für diese Stadtteile übernehmen. Und das läuft jedesmal nahezu gleich ab. Wir müssen dem zu übernehmenden kriminellen Geschäft des Stadtteils (bspw. Prostitution oder Drogenhandel) durch Attentate, Zerstörungen und ähnliches eine bestimmte Schadenssumme zufügen. Haben wir diese erreicht, wird der bisherige Chef des Stadtteils auf uns aufmerksam und wir können uns um ihn kümmern. Tja, und dass läuft für alle 10 Distrikte so ab. Und abseits der Story-Missionen lockt leider auch nicht wirklich viel. Für jeden der drei Unterbosse haben wir Nebenmissionen, die aber auch allesamt im Grunde gleich verlaufen: Klaue “x” und bring es nach “y”. Zwischen den Storymissionen wird zwar, in sehr gut inszenierten Cutscenes, die beileibe nicht uninteressante Story erzählt, aber so richtig will das für mich gerade keinen Anreiz mehr darstellen, die ewig gleichen Missionstypen abzuarbeiten. Da hat man schon besseres gesehen, sogar im viel gescholtenen Watch_Dogs hab ich mich deutlich weniger gelangweilt.
Auch die KI der Gegner macht das Spiel nicht uneingeschränkt zu einer Herausforderung. Wählen kann man zwischen “Einfach”, “Normal” und “Schwer”, zudem kann man die Auto-Ziel-Funktion sowohl aus- als auch in zwei verschieden starken Stufen einstellen, aber zumindest in den ersten Stunden war bisher keine der Stufen eine wirkliche Herausforderung. Mittels pfeifen kann man Gegner anlocken. Stehen da zwei Gegner, kommen aber natürlich nicht beide – was es meiner Meinung nach viel zu einfach macht, einfach alle Gegner lautlos und unbemerkt schön nacheinander auszuschalten. Ein oder zwei mal macht das Spaß und man denkt sich “Uuh, I’m so sneaky!” – aber spätestens beim dritten mal denkt man sich: “okay, ein klein wenig mehr Herausforderung hätte ich dann halt schon gerne”.
Vor allem zu Beginn scheint es viele Bugs oder zumindest unfreiwillig komische Begebenheiten in der Open World gegeben haben. Bei mir waren es zum Glück eher wenige. Nur einmal musste ich einen Checkpoint laden, weil die Mission ansonsten nicht abschließbar gewesen wäre. Ansonsten hab ich selbst nur Dinge zu beklagen, die eben unfreiwillig komisch sind und dadurch die Atmosphäre etwas trüben. Beispielsweise, wenn ich die Consiliera, den Waffenändler und ein neues Auto gleichzeitg zu mir bestelle und sich alle drei unsanft vor meinen Augen gegenseitig ins Heck krachen. Naja, gibt schlimmeres – ärgerlich ist es aber dennoch.
An die Menschen, die gerne sinnfrei Sachen sammeln, hat Hangar 13 übrigens auch gedacht. So gibt es Schallplatten, kommunistische Propaganda, Playboy-Magazine und ein paar andere Dinge, die leider allesamt für das Spiel nichts bringen. Okay, außer, dass man sie sich in einer Galerie anschauen kann. Warum man sowas einbaut (ich erinnere da an Muscheln und Hufeisen in GTA San Andreas oder die Tauben in GTA IV) werde ich niemals verstehen. Aber hey, auch Achievment-Hunter soll man ja nicht diskriminieren.
Fazit
Trotz des grandios ausgewählten Soundtracks und der gut eingefangen 60s-Südstaaten-Atmosphäre bin ich bisher von Mafia III enttäuscht. Ich hätte ein Spiel mit deutlich abwechslungsreichen Missionen erwartet, an der Stelle hatte ich am Vorgänger absolut nichts auszusetzen. Stattdessen lässt mich das schrecklich repetitive Missionsdesign ständig den Vergleich mit dem ersten Assassin’s Creed ziehen: “Mach dies, mach das. So okay, genug gemacht. Du bist nun bereit gegen den Boss anzutreten”. Leider auf Dauer ermüdend. Ich kann also für jeden nur den Tipp aus meiner Überschrift wiederholen: prüft das Angebot genau, Mafia III ist sicher nicht für jeden etwas.
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